Der unter anderem für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine Klausel in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen des Lieferanten einer von diesem einzubauenden
Küche
"Der Kaufpreis ist spätestens bei Anlieferung der Kaufgegenstände ohne Abzug zu bezahlen."
unwirksam ist. Eine nachträgliche Vereinbarung, mit der der Lieferant
dem Besteller das Recht einräumt, einen Teilbetrag bis zum mangelfreien
Einbau der Küche zurückzubehalten, ändert an der Unwirksamkeit der
Klausel grundsätzlich nichts. Die Klausel verliert ihren Charakter als
nach §§ 305 ff BGB der Inhaltskontrolle unterliegender Allgemeiner
Geschäftsbedingung nicht allein dadurch, dass sie von den Parteien
nachträglich geändert wird. Vielmehr muss die nachträgliche Änderung in
einer Weise erfolgen, die es rechtfertigt, sie wie eine von vornherein
getroffene Individualvereinbarung zu behandeln. Das ist nicht der Fall,
wenn der Verwender auch nach Vertragsschluss dem Vertragspartner keine
Gestaltungsfreiheit eingeräumt und den gesetzesfremden Kerngehalt der
Klausel nicht zur Disposition gestellt hat.
Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit der Planung, der Herstellung
und dem Einbau einer Küche in ihrem Wohnhaus zu einem Preis von 23.800
€. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten
zugrunde, die die Klägerin verpflichteten, vor oder bei Lieferung die
gesamte Vergütung zu bezahlen. Nach Vertragsschluss und vor Lieferung
vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin abweichend von den
Bedingungen nur 21.300 € im Voraus zu zahlen hatte und 2.500 € bis zum
mangelfreien Einbau der Küche zurückbehalten durfte. Den Einbau der
Küche führte die Beklagte nicht fachgerecht aus, weshalb die Klägerin
5.500 € zurückbehielt. Die Beklagte vertrat unter Bezugnahme auf ihre
Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, zu einer
Mängelbeseitigung nur verpflichtet zu sein, wenn die Vergütung bis auf
die vereinbarten 2.500 € vorab gezahlt wird. Wegen der Weigerung, die
Mängel zu beseitigen, verlangt die Klägerin von der Beklagten
Schadensersatz, der auf Rückabwicklung des Vertrages und Erstattung von
Mehrkosten gerichtet ist. Die Beklagte verlangt widerklagend die noch
ausstehende Vergütung.
Die Klage hat in den Vorinstanzen überwiegend Erfolg gehabt; die
Widerklage haben die Vorinstanzen abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat
die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt.
Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass die in den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten vereinbarte Verpflichtung, die
gesamte Vergütung im Voraus zu zahlen, mit wesentlichen Grundgedanken
des Gesetzes nicht zu vereinbaren und deshalb unwirksam ist. Die Klausel
verpflichtet die Kunden der Beklagten vor dem Einbau der Küche die
volle Vergütung zu bezahlen. Sie verlieren auf diese Weise jedes
Druckmittel, falls der Einbau mangelhaft ist. Die nachträgliche
Vereinbarung ändert an dieser Bewertung nichts, da die Beklagte den
Kerngehalt ihrer unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung – die
Verpflichtung zur Vorleistung - nicht zur Disposition gestellt und der
Klägerin insoweit keine Gestaltungsfreiheit gewährt hat. Das Einräumen
eines Zurückbehaltungsrechts von lediglich ca. 10% der Vergütung
berücksichtigt nicht hinreichend die berechtigten Interessen der
Klägerin. Die Beklagte durfte deshalb die Mängelbeseitigung nicht von
weiteren Vorleistungen abhängig machen. Sie haftet daher auf
Schadensersatz.
§ 307 BGB Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam,
wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von
Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene
Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht
klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist …
Urteil vom 7. März 2013 – VII ZR 162/12
OLG Karlsruhe, Urteil vom 3. Mai 2012 – 9 U 74/11
LG Konstanz, Urteil vom 25. März 2011 – 5 O 332/10
Karlsruhe, den 8. März 2013