Was bei Pauschalreisen Usus ist, hat nun auch
beim Ticketverkauf für Konzert- und Sportveranstaltungen Einzug
gehalten: die Rücktritt-Versicherung. Zu der werden Kunden immer öfter
beim Vorverkauf via Internet gedrängt - bisweilen mit fragwürdigen
Methoden. Die Policen sind teuer wie überflüssig, warnt die
Verbraucherzentrale NRW.
Ob Tote Hosen rocken oder Chippendales
strippen, ob Mark Knopfler in die Seiten oder Elton John in die Tasten
greift - stets droht Zuschauern, dass sie ihr vorgebuchtes Konzert
verpassen: etwa wegen Krankheit oder anderer Unpässlichkeiten. Der
Eintrittspreis ist dann futsch. Doch da ist neuerdings die
Rücktritt-Versicherung vor. Die wird mittlerweile der Kundschaft von
vielen Online-Ticketverkäufern beim Vorbuchen der Eintrittskarten
angedient. Dahinter stecken zumeist Produkte der Europäischen
Reiseversicherung AG (ERV) und der HanseMerkur. Und das zu äußerst
unterschiedlichen Preisen. Das zeigt eine Stichprobe der
Verbraucherzentrale NRW bei zehn Ticketverkäufern.
Via Eventim und Ticketonline gibt’s die ERV-Police ab einmalig 1,20
Euro (Karten bis 50 Euro). Satte 14 Euro muss berappen, wessen Billet
mehr als 250 Euro kostet. Ein anderes Preis-Modell verhökert
Eintrittskarten.de. Hier beginnt der ERV-Schutz bei vier Euro (Karten
unter 40 Euro) und endet bei sieben (bis 200 Euro). Im ungünstigen Fall
wird so ein möglicher Kartenverlust von 12 Euro mit vier Euro bezahlt.
HanseMerkur-Policen wiederum fand die Verbraucherzentrale NRW für Karten
unter 50 Euro ab 1,40 Euro (ticketcenter.de) bis hin zu stolzen 45 Euro
für Tickets über 1000 Euro (metaltix.com).
Ärgerlich: Vorverkaufs-Portale wie Eventim, Ticketonline und Getgo
haben die Policen bereits mit einem Häkchen voreingestellt. Kunden
müssen sie aktiv aus ihrem Warenkorb entfernen. Wer da nicht genau
hinschaut, muss zahlen. Die Häkchen-Fallen dürfen hierzulande
voraussichtlich noch bis zum nächsten Jahr aktiv bleiben. Dann erst wird
eine EU-Richtlinie ihnen den Garaus bereiten. Doch egal, ob mit oder
ohne Häkchen: Verbraucherschützer halten die Neuerung schlicht für eine
überflüssige Idee. Geschützt werden sollten per Police in erster Linie
existenzielle Risiken. Sinnvolle Produkte sind die Privat-Haftpflicht
für jedermann oder die Risiko-Lebensversicherung für den
Familienernährer.
Wer Toaster und TV, Fön und Fritteuse mit einem Reparaturschutz
versieht, wer Brille und Handy, Aquarium und Autoreifen extra
versichert, wird immense Beiträge für zahlreiche Kleinst-Risiken, wie
ein ungenutztes 30-Euro-Ticket, blechen müssen. Obendrein sind hier
Voraussetzungen zu beachten: So ist bei Krankheit und Verletzung stets
ein ärztliches Attest beizubringen. "Lockerung oder Verlust von
Prothesen aller Art" sind bei der Hanse Merkur ausdrücklich kein Grund
für eine Leistungsübernahme. Besonders dreist in der Stichprobe kam
Ticketcenter.de daher.
Das Portal vertickte gleich drei verschiedene
Policen rund um den Kartenkauf. Zum Rücktritt- gesellten sich hier noch
Versand- und Ausfall-Schutz. Dabei gilt: Das Versandrisiko trägt auch
ohne Police immer der Verkäufer. Und beim Ausfall des Konzerts gibt es
das Geld fürs Billet vom Veranstalter retour. Allein Gebühren und
Versand werden von Ticketcenter erstattet. Wichtig deshalb der Hinweis:
Wie für jede andere Versicherung gilt auch für die Ticketversicherung
ein 14-tägiges Recht auf Widerruf des Vertrages.
Stand: 28/11/2012